Nie wieder Krieg! Lernen aus der Vergangenheit - Brücken bauen für die Zukunft April 2008

Bericht der deutsch-russischen Projektarbeit in Eschweiler

vom 17. bis 26. April 2008

Donnerstag, 17. April 2008

Schon in der letzten Stunde klingelt unter großem Gelächter der Klasse mein Handy: Unsere russischen Gäste sind schon in Köln und werden - eine Stunde früher als erwartet - in Aachen am Parkplatz für die Fernreisebusse erwartet. Wir setzen sofort die vorher vorbereitete "Telefonkette" in Verbindung und als der Bus in Aachen ankommt, sind auch (fast) alle pünktlich da, um die Schüler und Lehrer aus Pskov in Empfang zu nehmen. Einige können ihre Gastschüler von unserem Treffen im Herbst 2007 in Empfang nehmen, die meisten der russischen Schüler sind zum ersten Mal in Deutschland und von den neuen Eindrücken sichtlich überwältigt. Alle fahren in ihre Familien und wir Lehrer treffen uns abends privat bei meinem Kollegen, der für alle ein opulentes Mahl bereitet hat. Igor und Olga erzählen von der langen, zwei Tage dauernden Fahrt im Bus und alle sind neugierig darauf, wie unser gemeinsam geplantes Projekt wohl verlaufen wird.

Freitag, 18. April 2008

Unser Schulleiter, Herr Manfred Hahnen, begrüßt um 08:05 Uhr eine große Gruppe von Schülern und Lehrer im Pädagogischen Zentrum: 23 Schülerinnen und Schüler der WHW07A, einer Unterstufe der Höheren Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung mit zwei Lehrern und einer Referendarin sowie elf russische Schüler/innen und zwei russische Lehrkräfte. Leider mussten zwei russische Teilnehmer kurzfristig absagen - der Schulleiter des Polytechnischen Kollegs, Herr Drosdov, musste sich um die Schulinspektion kümmern. Nach kurzen Ansprachen und der Übergabe von Gastgeschenken finden diverse Spiele zum Kennenlernen statt, die schnell die anfängliche Zurückhaltung zwischen den beiden Gruppen zum Schmelzen bringen: Die Schüler stellen sich nach der Größe und nach dem Alphabet auf, fangen Luftballons mit Namen auf und stellen sich gegenseitig vor in Form von Interviews.

Nach der großen Pause folgt eine Arbeit in Kleingruppen mit jeweils einem russischen und zwei deutschen Schülern. Die einzelnen Gruppen haben vorher ihre familiären Hintergründe genauer untersucht. Jetzt sollen sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausstellen und auf Karten festhalten. Die Kriegsvergangenheiten in den Familien sollen auf einer anderen Kartenfarbe festgehalten werden. Schnell kommt es zu einem regen Austausch in den einzelnen Gruppen, wobei die Igor und Olga den Schülern bei Übersetzungsprobleme zur Seite stehen. Bei der Präsentation stellt sich heraus, dass viele Gemeinsamkeiten bei deutschen und russischen Schülern bestehen: Oft haben die Eltern ähnliche oder gleiche Berufe oder man teilt auch gemeinsame Freizeitinteressen. Bezüglich der Kriegserfahrung bleibt festzuhalten, dass bei den russischen Schülern eine stärkere Betroffenheit durch den Zweiten Weltkrieg festzustellen ist: Viele Urgroßväter waren im Krieg und viele sind auch aus ihm nicht mehr zurückgekommen. In den deutschen Familien gibt es einige ähnliche Ergebnisse, doch da viele deutsche Schüler aus Migrantenfamilien stammen, können sie weniger von Kriegserfahrungen aus dieser Zeit berichten. In manchen Familien war es auch aufgrund der familiären Verhältnisse nicht möglich, die Zeit bis zu den Urgroßeltern nachzuvollziehen.

Nach der Auswertung der Ergebnisse wird eine große Tafel für das Mittagessen aufgebaut - die Eschweiler Schüler haben verschiedene Salate und kleine Snacks von zu Hause mitgebracht und nette Helfer aus der hauswirtschaftlichen Abteilung dekorieren liebevoll das umfangreiche Büffet, von dem alle satt werden. Im Anschluss daran, sozusagen als "Verdauungsspaziergang", führt Josef Stiel die Gruppe zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Eschweiler - auch für die Ortskundigen führt der Stadtrundgang zu neuen Erkenntnissen. Natürlich kann Eschweiler (auch aufgrund der deutlich geringeren Größe) nicht mit so vielen Sehenswürdigkeiten wie Pskov aufwarten, aber den russischen Gästen gefällt die Innenstadt mit ihren zahlreichen Geschäften und Fußgängerzonen offensichtlich recht gut. Nach der Stadtführung werden alle von ihren Gastschülern abgeholt und wir Lehrer vermuten, dass alle Schüler sich für den abendlichen Disko-Gang vorbereiten.

Samstag, 19. April 2008

Um viertel nach neun treffen sich alle - zum Teil noch sehr verschlafen - am Eschweiler Hauptbahnhof, um mit dem Zug nach Köln zu fahren. Nachdem zahlreiche Fotos vom Kölner Dom gemacht und das erste Mac Donald's aufgesucht worden ist, treffen wir im NS-Dokumentationszentrum ein. Glücklicherweise war es uns bereits im Vorfeld gelungen, für die russischen Gäste eine russischsprachige Führung zu organisieren. Das EL-DE Haus war von 1935 bis 1945 Zentrale der Gestapo und im Keller des Gebäudes befand sich ein Gefängnis, das heute als Gedenkstätte besichtigt werden kann.

Ein Schwerpunkt der Besichtigung stellt der Bereich "Jugend im dritten Reich" dar - und jeder muss sich selbst die Frage stellen, wie er selbst unter dem Zwang der politischen Diktatur gehandelt hätte - ob er den Mut gehabt hätte, sich als einzelner dem System zu widersetzen. Unsere Führerin ist angenehm überrascht von den guten Vorkenntnissen der Gruppe zum Hintergrund des Nationalsozialismus - offensichtlich haben die Schülerinnen und Schüler im vorbereitenden Unterricht gut aufgepasst und können ihre Kenntnisse nun umsetzen.

Besonders beeindruckend ist der Besuch des Gefängnistraktes im Keller des Dokumentationszentrums. In den Zellen warteten einst die Gefangenen sämtlicher Nationen auf ihre Vernehmungen. Sie wurden lediglich morgens und am späten Nachmittag zur Toilette und zu den Waschanlagen geführt. Für den Rest des Tages mussten sie ihre Notdurft in einem Eimer verrichten, der in der Ecke der Zelle stand und entsprechenden Gestank verursachte. Einen Hofgang gab es nicht.

In kleinste Zellen, die ursprünglich für zwei Personen gedacht waren, wurden 20 bis 30 Leute zusammengepfercht, damit sie zu allen möglichen Geständnissen bereit waren, nur, um diese Zellen verlassen zu dürfen. Zahlreiche Inschriften - darunter auch viele russische - zeugen von den dort erlittenen Qualen. Es wird schnell deutlich, dass die NS-Diktatur Opfer aller Nationalitäten, darunter auch zahlreiche Deutsche, die sich dem System widersetzten, gefordert hat. An uns liegt es, dass eine solche Epoche sich nicht wiederholen kann.

Der weitere Aufenthalt in Köln wird zu einer Stadtbesichtigung in Kombination mit einem Einkaufsbummel genutzt und als wir gegen 17 Uhr zurückfahren, sind alle von den vielen Eindrücken des Tages und von den vielen Fußmärschen er- schöpft. Der Abend endet für die Lehrer bei mir zu Hause und mein Mann freut sich, Igor und Olga, die mittlerweile für uns gute Freunde sind, bei uns begrüßen zu dürfen. Natürlich darf eine Flasche "Karat"-Wodka aus Pskov als Gastgeschenk nicht fehlen.

Sonntag, 20. April 2008

Der Sonntag ist für gemeinsame Unternehmungen mit den Gastfamilien vorgesehen. Die Schüler haben Ausflüge in die nähere Umgebung geplant und wir fahren mit Igor und Olga, die sich mittlerweile schon gut bei uns auskennen, zur Zitadelle nach Jülich. Das fast quadratische Bauwerk, in dessen Zentrum sich heute das Jülicher Gymnasium "Zitadelle" befindet, wurde im 16. Jahrhundert zur Befestigung der Stadt Jülich gebaut. Im Rahmen der traditionellen "Sonntagsführung" erfahren wir auch, dass das Gebäude während des zweiten Weltkrieges der Stadt, die im November 1944 durch Luftangriffe fast völlig zerstört wurde, als Schutzbunker diente.

Den Nachmittag verbringen wir im Jülicher Brückenkopfpark, der anlässlich der Landesgartenschau 1998 entstanden ist. Da das Wetter inzwischen sehr frühlingshaft geworden ist, genießen wir einen Imbiss im Freien, sehen uns den Tierpark an und erfreuen uns an den zahlreichen Freizeitaktivitäten, die hier für Familien angeboten werden. In Russland finden sich solche Einrichtungen bisher noch nicht - zumindest nicht in der Region Pskov.

Auf dem Rückweg fahren wir am Aussichtspunkt des Tagebau Indens. Hier wird Braunkohle abgebaut, die im nahe gelegenen Kraftwerk Weisweiler "verstromt" wird. Unsere Gegend wird stark durch den Braunkohleabbau geprägt: Zahlreiche Ortschaften mussten den Baggern bereits weichen und wurden an anderer Stelle umgesiedelt.

Ein Besuch auf dem Fußballplatz in Dürwiß und auf der Golfanlage in Kinzweiler runden das Ausflugsprogramm für den Sonntag ab. Mit den Ehepartnern treffen wir uns abends zur "gutbürgerlichen Küche" im Gasthof Rinkens, wo uns eine russisch-sprechende Auszubildende hervorragend bedient und Igors zahlreiche Fragen zur deutschen Küche umfassend beantwortet.

Montag, 21. April 2008

Alle haben das Wochenende gut überstanden und treffen mehr oder weniger pünktlich am Morgen zur gemeinsamen Fahrt nach Hergarten am Berufskolleg ein. Das Gästehaus in Hergarten ist eine umgebaute Schule und liegt am Rand des Nationalparks Eifel. Wir haben das gesamte Haus für uns und werden von der Verwalterin des Hauses bereits erwartet, die mir die Schlüssel ausgibt, Schülerinnen und Schüler verteilt und die Besonderheiten der Schließanlage erklärt. Alle beziehen ihre frisch renovierten Zimmer und finden sich nach kurzer Zeit im Gruppenraum ein, wo Achim Konejung uns seinen Film "You enter Germany" vorstellt, der vom langen Krieg am Westwall in Hürtgenwald berichtet und Hintergründe durch noch lebende Zeitzeugen ausführlich darstellt. Danach wird der "Kinosaal" zur "Kantine" umgebaut, und wir genießen Spaghetti Bolognese, die sowohl von den russischen als auch von den deutschen Schülern gerne gegessen werden.

Nach dem Mittagessen fahren wir, wiederum mit Herrn Konejung, der sich als Experte für die Kriegsereignisse vor Ort zeigt, zum Museum nach Hürtgenwald. Zur Erinnerung und Mahnung wird hier mit Dokumenten, Fotos und mit militärischen Exponaten als materiellen Zeitzeugen, die nach dem Weltkrieg durchweg in Hürtgenwald gefunden wurden, über die unselige Phase der Heimatgeschichte von Hürtgenwald berichtet. Den meisten deutschen Schülern ist nur wenig über die Schlacht im Hürtgenwald bekannt und auch die russischen Kollegen wundern sich darüber, dass im Westen Deutschlands durch den Krieg so viel zerstört worden ist - ihnen waren vor allem die Ereignisse an der Ostfront gegenwärtig. Somit wird allen deutlich, wie stark die Eifelregion in die Kriegswirren verstrickt war und wie viele Spuren heute dort noch zu finden sind.

Ehe uns Herr Konejung im Rahmen einer kurzen Wanderung einige Kriegsstätten des Hürtgenwaldes zeigt, fahren wir zum deutschen Soldatenfriedhof nach Vossenack. Der Friedhof liegt auf der strategisch wichtigen "Höhe 470". Diese Höhe war bei den Kämpfen im Hürtgenwald stark umkämpft und wechselte mehrfach den Besitzer. Sie ging unter dem Namen „Tor zum Kölner Becken“ in die Kriegsgeschichte ein. Hier ruhen 2334 Gefallene. Deutsche und russische Schüler gedenken hier gemeinsam der Toten des Krieges und legen Blumen am Gedenkkreuz nieder.

Danach zeigt uns Herr Konejung die heute noch sichtbaren Spuren des zweiten Weltkrieges im Hürtgenwald: Spuren der Schützengräben, Bunker, Gräben und Gedenktafeln. Die etwas düstere Stimmung im Wald trägt dazu bei, dass man sich die Kriegswirren vor Ort sehr gut vorstellen kann. Leider führte dies auch bereits dazu, dass Neonazis eine beliebte Freizeitbeschäftigung darin sehen, in den noch vorhandenen Bombentrichtern des Hürtgenwalds zu campieren, um die damalige Kriegsatmosphäre besser nachvollziehen zu können.

Unser Rückweg führt am russischen Gedenkfriedhof in Rurberg vorbei. Teils in Einzelgräbern, aber überwiegend in "Kameradengräbern", wurden hierhin 2322 russische Kriegstote umgebettet. Der größte Teil waren Kriegsgefangene, die während der Gefangenschaft zu Tode kamen. Allein aus dem Umfeld des Stalag Arnoldsweiler bei Düren fanden 1552, dort zu Teil nur notdürftig verscharrte Leichen, hier eine letzte Ruhe. Die Umbettungen auf den Friedhof in Rurberg fanden überwiegend bis 1960, die letzten Umbettungen bis 1970 statt. Auch hier legen wir Blumen nieder und gedenken der russischen Toten, die hier fern der Heimat eine letzte Ruhestätte gefunden haben.

Dienstag, 22. April 2008

Nach dem Frühstück fahren wir mit unserem Bus zur nahegelegenen "Burg Vogelsang", einer ehemaligen "NS-Ordensburg", in der während des 2. Weltkrieges der nationalsozialistische Nachwuchs geschult wurde. Nach der Besetzung durch die US-Armee im Jahre 1945 diente das Gelände zunächst als britischer Truppenübungsplatz. 1950 wurde es zum NATO-Truppenübungsplatz unter belgischer Hoheit. Erst Ende 2005 erfolgte die Rückgabe an die Bundesrepublik und Anfang 2006 wurde Burg Vogelsang erstmals wieder für Besucher zugänglich gemacht. Die Ordensburg ist das einzige erhaltene Landschaftsdenkmal des Dritten Reiches, das noch heute vor Ort anschaulich erlebbar und nachvollziehbar ist.

Wir haben zwei Führungen - in deutscher und in russischer Sprache - gebucht und erfahren in den nächsten 90 Minuten viel über die Besonderheiten der nationalsozialistischen Architektur, die darauf angelegt war, den Menschen seine "Winzigkeit" vor Augen zu führen, den Betrachter zu beeindrucken und vor allem einzuschüchtern. Einige Bauprojekte Hitlers konnten nicht mehr realisiert werden - so zum Beispiel ein riesiger Turmbau, "Haus des Wissens" genannt, der mit seiner Formensprache an die Architektur griechischer Tempel erinnern sollte. Auf großes Interesse stoßen auch die Schlafräume, die wir im Laufe der Besichtigung sehen können und die zahlreichen Skulpturen, die sich auf dem Gelände befinden.

Nach dem Mittagessen, das wir im Restaurant der Anlage einnehmen, erfahren wir im Rahmen eines Workshops zur Erziehung im Dritten Reich viele Details über das nationalsozialistische Erziehungskonzept, das bereits bei der Geburt der Kinder einsetzt. Die Schüler nehmen mit Befremden zur Kenntnis, dass die Mütter ausdrücklich dazu aufgefordert wurden, nicht mit ihren Kindern "zu schmusen", damit diese rechtzeitig abgehärtet und auf einen möglichen Kriegseinsatz vorbereitet wurden. Dieses Ziel zieht sich durch die gesamte schulische Erziehung, wobei versucht wurde, die familiäre Sozialisation so gering wie möglich zu halten und an deren Stelle die nationalsozialistischen Instanzen zu setzen. Leider entpuppt sich der "Workshop" primär als Vortrag in Form einer Power-Point-Präsentation - die Schüler hätten sich hier rückwirkend mehr Möglichkeiten zur Eigenaktivität gewünscht. Aber der Workshop wurde zu diesem Thema erstmalig durchgeführt und es ist zu hoffen, dass er in Zukunft für Schulklassen etwas schülerorientierter gestaltet wird - denn die Thematik ist ausgesprochen interessant und wichtig, um künftigen nationalsozialistischen Tendenzen entgegenzuwirken.

Nachdem ein Redakteur der Eschweiler Zeitung, der uns während des Workshops begleitet hat, einzelne Teilnehmer interviewt und ein Gruppenfoto aufgenommen hat, geht es wieder zurück in unser Jugendgästehaus nach Hergarten.

Nach anfänglichem Zögern lassen sich die Schülerinnen und Schüler mit viel Begeisterung auf einen "Spieleabend" ein, den unsere Referendarin Frau Hohensee organisiert hat, die in ihrer Freizeit Pfadfindergruppen betreut und über einen großen Fundus an Gesellschafts- und Gruppenspielen verfügt. Der Abend endet erst sehr spät - manche sind vermutlich kaum zum Schlafen gekommen - und die deutsch-russischen Beziehungen werden während und nach den gemeinsamen Spielen vermutlich sehr stark vertieft...

Mittwoch, 23. April 2008

Unser letzter Tag im Jugendgästehaus Hergarten! Die Nacht ist offensichtlich für viele Schüler etwas kurz geraten, aber alle sind mehr oder weniger pünktlich zum Frühstück dabei. Danach erfolgt zunächst die große Aufräum-Aktion mit Kofferpacken, damit wir entspannt zum Programmpunkt des Morgens übergehen können: "Umgang mit Rechtsextremismus in beiden Ländern". Die russische Gruppe hat eine detaillierte Power-Point-Präsentation vorbereitet. Es wird schnell deutlich, dass es auch in Russland vielfältige Probleme mit "Ausländerfeindlichkeit" gibt - nur richtet sich hier die Aggression vorwiegend gegen asiatisch-stämmige Personen, während bei uns türkische Einwanderer oder Migranten aus den östlichen Grenzgebieten Zielscheiben von Skinheads und anderen nationalsozialistisch geprägten Gruppen sind. Gemeinsam überlegen wir, was jeder einzelne tun kann, wenn er selbst Zeuge von rechtsextremen Übergriffen oder sogar Opfer davon wird. Zivilcourage ist gefordert, um sich gegen rechtsextreme Tendenzen zu stellen, um dumpfen "Ausländer-Raus-Parolen" keinen Raum in der politischen Diskussion zu geben. Jeder Einzelne ist selbst mitverantwortlich dafür, dass in seinem Land eine Vielfalt der Kulturen ermöglicht wird, ohne dass jemand Angst haben muss, aufgrund seiner Andersartigkeit verfolgt oder terrorisiert zu werden.

Die Zimmerkontrolle vor dem gemeinsamen Mittagessen verläuft zur allgemeinen Zufriedenheit, sodass wir pünktlich nach Monschau fahren können. Die russischen Schüler sind sehr beeindruckt von der Ursprünglichkeit des Ortes, der durch eine Vielzahl von Fachwerkhäusern geprägt ist. Bei frühlingshaftem Wetter erfreuen sich alle an einem gemeinsamen "Stadtbummel", der am Glasmuseum endet, das eine gute Möglichkeit zum Souvenireinkauf für die russischen Gäste bietet.

Während die Schüler den Abend in den Gastfamilien verbringen, treffen sich die Lehrer im griechischen Restaurant "Mykonos" bei der Familie Palestidis, wo schon im letzten Jahr die deutsch-russisch-griechische Freundschaft besiegelt wurde. Igor hat extra für Herrn Palestidis eine Glocke aus Ton mitgebracht, die das Wahrzeichen der Pskover Fachhochschule darstellt: Hiermit wurde früher zum Unterrichtsbeginn geläutet. Selbstverständlich erhält die Glocke einen Ehrenplatz im Restaurant.

Donnerstag, 24. April 2008

Als Ergänzung zum "Umgang mit Rechtsextremismus" zeigen wir den russischen Gästen in der Schule ein Video einer Musikproduktion, die im vergangenen Jahr am Berufskolleg Eschweiler in einer Handelsschulklasse realisiert wurde, in der sich viele Schüler aus unterschiedlichen Nationen befinden. "Clickboom - das Antirassismus-Video des Berufskollegs Eschweiler" findet sich jetzt auch unter "Aktuelles" auf unserer Schulhompage und es zeigt sowohl das Entstehen (neu-deutsch "Making of) des Projekts als auch das Musikvideo selbst. Das Berufskolleg Eschweiler wird zurzeit von Schülerinnen und Schülern von über 30 unterschiedlichen Nationen besucht und allen ist sehr an einem friedlichen und konstruktiven Miteinander gelegen.

Aufgrund von internen Raumproblemen können wir erst etwas später als geplant mit unserem Programm fortfahren. Ausgehend von existierenden Vorurteilen - Was ist "typisch russisch", was ist "typisch deutsch" untersuchen die Schüler in deutsch-russischen Kleingruppen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen russischen und deutschen Lebensgewohnheiten. Dabei geht es um die Bereiche "Familie", "Freizeitverhalten", "Mode und Styling", "religiöse und andere Feste", "Schule und Berufsausbildung" und "Essen und Trinken". Die einzelnen Gruppen bereiten Plakate vor, die sie anschließend dem Plenum präsentieren - hierbei muss Olga Obratneva als Dolmetscherin wieder Schwerstarbeit leisten. Ein weiterer Reporter der Eschweiler Zeitung hat sich bei der Präsentation der Ergebnisse zu uns gesellt und liefert in einer späteren Ausgabe der Zeitung eine ausführliche Auswertung der Arbeitsergebnisse. Abschließend bleibt festzuhalten, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt, was sicherlich auch auf die zunehmende Globalisierung zurückzuführen ist. Aber dieses Ergebnis zeigt uns auch, dass russische und deutsche Schüler viele gemeinsame Anknüpfungspunkte haben und somit eine solide Basis, auf welche eine langfristige deutsch-russische Freundschaft aufgebaut werden kann.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Schule gehen wir gemeinsam zum Eschweiler Rathaus, wo uns der Eschweiler Bürgermeister Rudi Bertram erwartet. In lockerer Runde werden Probleme besprochen, die vor allem die Jugendlichen interessieren: Was tut die Stadt für ihre Jugend? Wie geht sie mit der Problematik der Ausländerfeindlichkeit um? Wo finden sich integrative Ansätze? Im Kampf gegen den Rassismus zeigt sich Eschweiler sicherlich als vorbildlich. Allerdings bemängeln die Eschweiler Schüler, dass die Angebote für Jugendliche noch ausbaufähig sind.

Während die Schüler sich in die Gastfamilien zurückziehen, setzen die Lehrer sich noch zur Planung des Gegenbesuchs im Herbst zusammen. Igor hat bereits einen ausführlichen Programmvorschlag mitgebracht, der nun gemeinsam überarbeitet wird. Ein Schwerpunkt wird, neben dem Kennenlernen von Pskov und Umgebung, welches für die teilnehmenden Schüler völlig neu sein wird, ein Vergleich der beiden Städte vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg. Auch scheint es interessant, die sowjetischen Erziehungsziele denen des Nationalsozialismus gegenüberzustellen.

Freitag, 25. April 2008

Gemeinsam fahren wir am nächsten Morgen mit der Euregiobahn nach Aachen. Dort werden wir um 10:30 Uhr zu einer Stadtführung erwartet. Selbst für die deutschen Schüler, die meinen, Aachen genau zu kennen, bietet die Stadtführung Neuigkeiten. Abschließend bietet sich für alle die Gelegenheit, den Dom genauer anzusehen. Auf eine Führung durch die Schatzkammer haben wir verzichtet, da doch alle in der Zwischenzeit durch die umfangreiche gemeinsame Projektarbeit etwas "geschafft" sind.

Zum Mittagessen fahren alle gemeinsam in den Stadtteil Burtscheidt zum "Café M.", das der Partner einer Kollegin des Berufskollegs betreibt und in dem wir bereits im vergangenen Jahr ein hervorragendes Essen genießen konnten. Mustafa Ahmad hat uns ein umfangreiches Mittagsbüffet mit Vorspeisen, Hauptgericht und Dessert vorbereitet, das von Schülern und Lehrern mit Begeisterung angenommen wird. Natürlich hat Igor auch für Mustafa und Dagmar ein Glöckchen mitgebracht - die Glocken aus Pskov werden bald in den wichtigsten Haushalten unserer Region zu finden sein!

Nach dem Essen haben die russischen Gäste eine letzte Gelegenheit zum Einkauf in der Aachener Innenstadt, die auch gerne genutzt wird, was die zahlreichen Einkaufstüten auf der Rückfahrt beweisen. In Eschweiler angekommen, bleibt nur noch relativ wenig Zeit für das abendliche "Styling", denn alle sind zur Abschlussfeier in der Grillhütte Neulohn verabredet. Glücklicherweise spielt das Wetter mit, sodass wir draußen grillen und essen können. Einer der deutschen Schüler wird am nächsten Tag 18 Jahre alt und hat die anderen zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen, sodass der "offizielle" Veranstaltungsteil nicht zu spät endet. Die Geburtstagsfeier soll jedoch noch etwas länger gedauert haben...

Samstag, 26. April 2008

Tag des Abschieds! Die Koffer werden nach dem Frühstück gepackt und um 12:30 Uhr treffen sich alle auf dem großen Fernreise-Busparkplatz in Aachen. Der Bus von "Eurolines" kommt pünktlich und das Gepäck wird gemeinsam verstaut. Alle sind etwas traurig, dass man nun Abschied nehmen muss. Aber für einige Schüler aus der Gruppe geht es im Herbst nach Pskov! Und daher fällt der Abschied nicht ganz so schwer. Alle blicken auf ereignisreiche Tage in Eschweiler und Umgebung zurück und die spätere Auswertung des Fragebogens zum Projekt wird zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler beider Nationen die gemeinsame Zeit als sehr positiv und konstruktiv empfunden haben.