Nachhaltige Entwicklung interkulturell gesehen Deutsch-russische Perspektiven 2013

Nachhaltige Entwicklung interkulturell gesehen Deutsch-russische Perspektiven

Projektarbeit des Berufskollegs Eschweiler der StädteRegion Aachen und der Pksover Staatlichen Universität in Pskov

vom 12. bis 19. April 2013

Freitag 12. April 2013

Bei nahezu frühlingshaften Temperaturen fahren wir pünktlich um 07:45 Uhr mit einer gut gelaunten Truppe zum Düsseldorfer Flughafen, um unseren Flug nach Sankt-Petersburg anzutreten. Kein Stau hält uns auf und dank der tatkräftigen Unterstützung der Schülerinnen und Schüler schaffen sogar wir Lehrer es, am Automaten einzuchecken. Wegen der relativ langen Schlange vor der Passkontrolle bleibt nicht viel Zeit für den Duty-Free-Bereich. Der Flug ist angenehm und verläuft ohne Zwischenfälle, sodass sich auch die Nervosität der „Erstflieger“ unter uns schnell liegt. Zum Glück ist sogar ein angemessenes Mittagessen im Flugpreis inbegriffen.

Gegen 16 Uhr Ortszeit haben wir alle Formalitäten erledigt und unsere Koffer erhalten. Igor Savraev, unser russischer Kollege, ist ein paar Minuten zu spät, weil auf der Strecke zwischen Pskov und dem Flughafen freitags nachmittags sehr viel Verkehr unterwegs ist. Die Hochschule hat einen schönen und großen Bus für uns ausgesucht und gemeinsam fahren wir die knapp 300 Kilometer Richtung Pskov. Unterwegs machen wir einen kurzen Zwischenstopp an einer Tankstelle und können feststellen, dass sich im Vergleich zu unserem letzten Besuch wieder viel getan hat: Zahlreiche Tankstellen mit westlichem Hygiene-Komfort säumen inzwischen die Hauptstraße zwischen Pskov und Sankt-Petersburg. Gegen 21 Uhr kommen wir im strömenden Regen an dem altbekannten Studentenwohnheim an, wo die Gastschüler schon auf ihre deutschen Gäste warten. Alle sind sehr erfreut, sich wiederzusehen und wir Lehrer siedeln ins „Heim“ über. Olga Obratneva erwartet uns mit Salat und Pizza und bei einem gemeinsamen Abendessen werden die letzten Neuigkeiten ausgetauscht und noch einige Programmabsprachen getroffen.

Samstag, 13. April 2013

Der erste Treffpunkt ist die Bank zum Geldwechsel. Nachdem wir uns mit den Rubeln vertraut gemacht haben, holt uns unsere Führerin Anastasia ab und wir gehen gemeinsam zu den verschiedenen „Olga-Denkmälern“, zum Lenin-Denkmal und zum Kreml mit der Dreifaltigkeitskirche. Da in der russisch-orthodoxen Kirche noch Fastenzeit ist (erst im Mai findet das Osterfest statt), ist die Kirche sehr gut besucht. Natürlich müssen die Mädchen ihren Kopf bedecken und niemand darf seine Hände in die Hosen- oder Jackentaschen stecken. Einige füllen auch Zettel aus, um eine Messe für ihre Angehörigen beten zu lassen. Vier der deutschen Schülerinnen und Schüler haben russische Wurzeln, zwei von ihnen sind aber noch nie in Russland gewesen, haben jedoch schon viel von ihrer Familie über das ursprüngliche Heimatland erfahren. Doch auch die anderen sind an den Traditionen der russisch-orthodoxen Kirche und an der ikonen-geschmückten Dreifaltigkeitskirche sehr interessiert.

Da die meisten Wege noch vereist sind und es außerdem stark regnet, machen wir einen Zwischenstopp in einem überdachten Einkaufszentrum. Manche spielen mit dem Gedanken, sich für den morgigen Ausflug nach Petschory ein Paar von den schicken Gummistiefeln zuzulegen, die hier jedes Schuhgeschäft sinnvollerweise anbietet. Aber dann machen wir uns doch mit unserem normalen Schuhwerk auf den Weg zum Restaurant, wo Igor für uns ein Menü vorbestellt hat. Den Nachmittag haben alle zur freien Verfügung. Die Schüler wollen zusammen zum Eislaufen und wir Lehrer müssen im Supermarkt unsere Frühstücksvorräte ergänzen und Trinkwasser kaufen. Abends holt uns Igor am Studentenwohnheim ab. Er geht mit uns in ein nur wenige Meter entferntes Musik-Café, in dem heute zwei Künstler aus Sankt-Petersburg auftreten: Die Jazz-Sängerin Olesya Yalunina und der Gitarist Alexey Degoosarov. Da mein Kollege Michael Joußen und ich ebenfalls Musik in unserer „After-School-Jazzband“ machen (allerdings auf einfacherem Niveau) sind wir von dem qualitativ hochwertigen Konzert sehr begeistert. Später kommt Igors Frau Tatiana noch hinzu und wir laden beide zu einem abschließenden Tee in unser jetzt gut ausgestattetes Studentenwohnheim ein.

Sonntag, 14. April 2013

Heute steht die „Bekanntschaft mit der Pskover Umgebung“ auf dem Programm. Um 10 Uhr wartet der Bus mit Anastasia am Hauptgebäude der Hochschule am Lenin-Platz auf uns. Mittlerweile kennen wir Lehrer uns so gut hier aus, dass eine Fahrt mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln eine unserer leichtesten Übungen ist. Nach einer knappen Stunde erreichen wir Petschory. Wegen der Fastenzeit sind auch hier sehr viele Gläubige unterwegs. Anastasia führt uns zunächst zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir einen guten Überblick über die gesamte malerische Anlage haben. Dann müssen die Damen sich am Eingang des Klosters mit Röcken und Kopftüchern bekleiden, was zu mehr Gelächter führt, als es in einem Kloster eigentlich zulässig wäre. Das Wetter ist zwar trocken, aber noch sehr kalt und der Boden zum Teil eisbedeckt. Und wir haben Glück: Wir können die Höhlengräber unter der Führung eines sehr freundlichen Mönches besuchen. Anastasia ist begeistert, weil sie die Höhlen bisher noch nie gesehen hat. Nach der Besichtigung erleben wir noch ein Glockenkonzert der Mönche und wir können uns das Kloster noch von einem Rundwanderweg aus ansehen. Zum Abschluss nehmen die meisten noch einen Schluck aus der Quelle, deren Wasser heilende Wirkung haben soll.

Nachdem alle kalte Füße vom Laufen und Stehen auf dem Eis bekommen haben, essen wir in einem neuen Restaurant in einem ehemaligen Feuerwehrturm zu Mittag. Der Borschtsch (oder wie immer er in lateinischen Buchstaben geschrieben wird) wärmt uns wieder auf, so dass wir nach dem obligatorischen Tee weiter nach Isborsk fahren können.

Hier ist ebenfalls seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren viel passiert. Es wurde ein Hotel gebaut und auch weitere neue Häuser, sodass wir den Weg vom Parkplatz zur Festung kaum erkennen. Und am Eingang zur Anlage befindet sich jetzt ein Kassenhäuschen. Das ist also der Fortschritt... Hier ist in letzter Zeit viel gebaut wurden, der Wehrgang ist jetzt überdacht und im Innenbereich ist eine große Baustelle, die sich nach dem Abtauen des Eises in Matsch verwandelt hat. Der Weg zum See und zu den sieben Quellen ist leider völlig unpassierbar. Wir sehen uns in der Kirche und an den Souvenirständen um und fahren nach Pskov zurück, wo die Gastschüler, die nicht alle mitgefahren sind, auf uns warten. Was war heute bei der Schülergruppe angesagt? Disco, Kartfahren oder Paintball? Oder wollen manche sogar ausnahmsweise einmal früh ins Bett? Wir Lehrer treffen uns nach einem kurzen Zwischenstopp im „Heim“ mit Olga Obratneva am Lenin-Denkmal und gehen in ein Bier-Café mit dem typisch russischen Namen „Karl-Friedrich“. Das Essen ist sehr russisch, das Fleisch aus dem Töpfchen butterzart und die Bierauswahl international.

Montag, 15. April 2013

Heute werden wir zunächst einmal von der Prorektorin der Hochschule, Zinaida Ivanova, empfangen. Der Rektor und der Projektor befinden sich auf Dienstreise in Moskau. Im Anschluss an die herzliche Begrüßung, bei wir Aachener Printen und einen Kalender mit Stadtansichten gegen einen Teller mit Pskover Motiven tauschen, erläutert uns Igor anhand einer Präsentation die Besonderheiten der Pskover Hochschule und des russischen Ausbildungssystem. Die Partnerschaft wurde vor einigen Jahren mit dem Polytechnischen Kolleg begonnen, das in etwa unseren Höheren Berufsfachschulen entspricht. Jetzt ist das Kolleg aufgrund von Umstrukturierungen der Höheren Bildungsanstalten Teil der Hochschule.

Nach soviel Informationen geht es auf einen kurzen Spaziergang zum Pskover Bürgermeister. Inzwischen ist das Wetter sehr sonnig geworden. Die Schnee- und Eisreste sind fast völlig verschwunden und überall sieht man, wie die Straßen gefegt und der Müll weggeräumt wird, den der Winter zurückgelassen hat. Es wird auch deutlich, was so ein strenger Winter mit den Straßen macht: Die Schlaglöcher auf den Fahrbahnen und auf den Bürgersteigen werden der Stadt in den nächsten Monaten noch viel Arbeit machen. Auf unsere Fragen zu dieser Thematik meint die stellvertretende Bürgermeisterin Natalia Sokolowa auch, dass dies ein großes finanzielles Problem darstelle, weil nicht genügend Geld für Reparaturen vorhanden sei. Die Straße nach Sankt-Petersburg sei schon nachhaltig repariert worden. In der Stadt fänden allerdings oft nur oberflächliche Ausbesserungen statt, die kaum einen harten Winter überdauerten. Die Diskussion mit Frau Sokolowa verläuft in angeregter Form. Sie stellt sich als starke Patriotin heraus, was einige von uns etwas verunsichert. Die deutsch-russischen Beziehungen sind für sie ein wichtiger Punkt – so erzählt sie von der Behindertenwerkstatt in Pskov, die von Deutschen aufgebaut worden ist. Zum Abschluss erhalten wir Gastgeschenke der Stadt Pskov: druckfrisches Prospektmaterial und Stadtpläne, die zeigen, dass Pskov sich nun sehr stark dem Tourismus – national und international – öffnet. Die Geschenketasche beinhaltet auch ein Buch über deutsch-russische Beziehungen, eine Gedenkmünze von Pskov und eine CD mit Stadtimpressionen.

Zum Mittagessen dürfen wir die gute Küche der Mensa genießen. Die Schüler sind sehr begeistert von der Vielfalt des Essens. Es gibt immer als Vorspeise eine Suppe oder einen Salat, ein Hauptgericht mit Fleisch oder Fisch und ein Gebäckstück mit Kaffee oder Tee zum Nachtisch. Die Damen der Mensa kennen uns Lehrer seit Jahren und sind immer sehr herzlich zu unseren Gruppen.

Nachmittags hat Olga Obratneva für uns ein Seminar vorbereitet, in dem wir russischen und deutschen Aberglauben miteinander vergleichen. Dabei finden sich sehr viele Gemeinsamkeiten: die schwarze Katze oder das Klopfen auf Holz, die Sternschnuppen, bei denen ein Wunsch in Erfüllung geht. In Russland bringen leere Eimer Unglück. Man sollte sich also davor hüten, leere Eimer zu tragen! Dann legt man schon besser einen ausgedienten Lappen hinein.

Abends treffen wir uns in einem nahe gelegenen Lokal mit Olga Kakurina, Igor und einem russischen Professor aus Sankt- Petersburg, der mit seiner Assistentin in Pskov weilt, um über die Internationalen Studienkontakte, die hier eine wichtige Rolle einnehmen, zu sprechen. In allen uns zur Verfügung stehenden Sprachen unterhalten wir uns über dienstliche und private Dinge und kehren in unser Wohnheim in dem Bewusstsein zurück, wieder einmal sehr interessante und herzliche Menschen kennengelernt zu haben. Für das spätere Zusenden einer Übersicht des deutschen Schulsystems ernten wir freudigen Dank.

Dienstag, 16. April 2013

Nachdem die Schülerinnen und Schüler schon einige russische Wörter in ihren Gastfamilien gelernt haben, wird heute das Gelernte gefestigt und erweitert in Olga Kakurinas Russischunterricht. Sie hat Arbeitsblätter zum russischen Alphabet und zum Thema „Begrüßung und Abschied“ vorbereitet. Schon nach der ersten Stunde werden in Partnerarbeit kleine Dialoge vorbereitet und vorgetragen. Dass Russisch nicht so ganz einfach zu lernen ist, wird dabei auch den meisten klar. Unsere vier Schülerinnen und Schüler mit Russischkenntnissen sind dabei natürlich eine große Hilfe.

Danach steht der Umweltschutz in der Pskover Region und der nachhaltige Umgang mit den Rohstoffen im Mittelpunkt. Die Lehrerin Larissa Nikolskaya hat die Thematik mit ihren Studenten vorbereitet und stellt sie nun unser Gruppe in Form einer Präsentation vor. Am Pskover See wird Naturschutz großgeschrieben und dort gibt es eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, die wir in Westeuropa eher selten vorfinden. Der Tourismus beginnt auch langsam, hier seinen Einzug zu halten, wobei man eher auf einen „sanften Tourismus“ mit Wandern, Radfahren und Angeln setzt und durchgängig auf große Hotelkomplexe verzichtet. Die Schüler ergänzen ihr Wissen im Anschluss an den Vortrag, indem sie ergänzende Informationen zum See und zu Besonderheiten der Pskover Region im Internet recherchieren, zusammentragen und mit unseren Naherholungsgebieten vergleichen.

Nach dem ausgezeichneten Mittagessen in der Mensa der Hochschule fahren wir gemeinsam mit Frau Nikolskaya und ihren Studenten zu einer Abwasser- aufbereitungsanlage vor den Toren Pskovs. Die Leiterin des Betriebs erläutert uns die verschiedenen Stufen der Abwasserreinigung und bei strahlendem Sonnenschein, der in der Stadt das letzte Eis auf den Gehwegen und Straßen schmelzen lässt, sehen wir uns die recht große Anlage an, in welcher die Abwässer der gesamten Stadt Pskov gereinigt werden, die mehr als 200 000 Einwohner hat. Da der Pskover See noch zugefroren ist und die besondere Flora und Fauna sich bei dem aktuellen Vegetationsstand der Natur noch nicht erschließen würde, fahren wir auf dem Rückweg an dem beeindruckenden Newski-Denkmal vorbei, von dem aus man den See in der Ferne sieht und einen beeindruckenden Ausblick auf die Stadt Pskov genießt.

Wir Lehrer treffen uns abends mit Igor und seiner Frau Tatiana am Lenin-Denkmal (wo sonst?) und gehen gemeinsam zu einem idyllisch am Fluss und einer Brücke gelegenen Restaurant mit Blick auf den Pskover Kreml. Später kommen noch Sascha Artemiev und seine Tochter Anna hinzu. Beide sind alte Bekannte aus der Partnerschaft mit den Bauingenieuren der Fachhochschule Aachen – Anna hat vor etwa 10 Jahren einige Tage bei uns gewohnt und auch ein Praktikum im Betrieb meines Mannes absolviert. Sie wusste bereits seit Freitag, dass wir wieder in Pskov waren. Ihr Mann arbeitet in Sankt Petersburg am Zoll und erkannte bei der Passkontrolle meinen Namen: „Spennes“. Er sprach mich darauf an, ob wir zum Polytechnischen Kolleg fahren würden und bat mich, Alexander zu grüßen. Leider wusste ich nicht, welcher der zahlreichen mir bekannten Alexander in Pskov gemeint war. Direkt danach rief er seine Frau an und informierte sie von unserer Ankunft. Eine unerkannte Einreise nach Russland scheint also nach all den Jahren nicht mehr möglich zu sein...

Wir verbringen einen schönen Abend bei einem hervorragenden Essen und tauschen viele gemeinsame Erinnerungen aus. Anna hat gerade ihren Mutterschaftsurlaub angetreten und wird im Juni ihr erstes Kind bekommen, ein Mädchen. Leider können wir bei der Namenswahl keine große Hilfe leisten.

Mittwoch, 17. April

Der erste Programmpunkt des Tages ist der Sportun- terricht. Unsere Gruppe muss schnell feststellen, dass Sportunterricht in Russland viel anstrengender ist als bei uns in Deutschland. Während die Jungs nach einem Aufwärmtraining Volleyballtechniken üben, quälen sic die Mädchen beim Bauchmuskel- training und mit Dehnübungen. Der Muskelkater ist vorprogrammiert...

Eine Premiere ist der Deutschunterricht von Frau Spennes in Olga Obratnevas Anfängergruppe. Olga ist wegen eines Filmtermins (es soll ein Werbefilm über die gedreht verhindert mich, ihre Gruppe für eine Stunde zu unterrichten. Da ich seit vier Jahren Russisch lerne, übernehme ich diese Aufgabe natürlich gerne. Wir besprechen einen deutschen Text über die Wohnung. Die Studenten müssen auf inhaltlicher Ebene wesentlich mehr leisten, als das bei uns in Deutschland der Fall ist. Die Sprachanwendung fällt ihnen allerdings sehr schwer und wir verständigen uns auf deutsch, russisch und englisch. Beim nächsten Mal werde ich mir vorher das „Unterrichtsvokabular“ auf russisch etwas genauer ansehen...

Nach dem Sportunterricht folgt eine weitere Russischstunde bei Frau Kakurina. Das Lesen und die kyrillischen Buchstaben stehen heute im Mittelpunkt. Viele haben schon etwas Lesen geübt. Schließlich sind sie nur von Schildern mit kyrillischer Schrift umgeben. Manchmal stellt sich auch heraus, dass sich hinter den Schriftzeichen bekannte Wörter verbergen (банк, стоп, бутерброд).

Nach dem Mittagessen in der Mensa steht Bowling mit den Gastschülern auf dem Programm. Mit dem Bus geht es zur Bowlingbahn und alle genießen den Nachmittag bei weiteren sportlichen Aktivitäten. Bis zur Abendveranstaltung in der Mensa bleibt nicht mehr viel Zeit. Manche tätigen noch die letzten Pskover Einkäufe, ehe wir uns um 19 Uhr wieder zum Abendessen treffen. Die Damen aus der Mensa sind extra für uns länger geblieben und das Essen schmeckt wie immer hervorragend. Wir bedanken uns bei ihnen mit einem kleinen Aachener Pralinenpräsent und sie versichern uns – nahezu unter Tränen – dass sie sich schon auf unseren nächsten Besuch freuen. Auch Herr Drosdov, der vor Jahren unsere Schulpartnerschaft mit begründet hat, ist extra zur Mensa gekommen. Mittlerweile fällt mir die sprachliche Kommunikation mit ihm wesentlich leichter. Nach kurzen Reden von russischer und deutscher Seite, in denen wir unseren Schülerinnen und Schülern nur positive Rückmeldungen bezüglich unserer Zusammenarbeit geben können, wird das traditionelle „Abschiedsfoto“ vor der Mensa gemacht, ehe die Dunkelheit hereinbricht. Gegen 22 Uhr gehen alle mit ihren Gastfamilien nach Hause, denn am nächsten Morgen fährt der Bus schon um 06:30 Uhr nach Sankt Petersburg.

Donnerstag, 18. April 2013

Tatsächlich sind alle pünktlich am Studentenwohnheim. Nach einem tränenreichen Abschied geht es mit Koffern voller Gastgeschenke Richtung Sankt-Petersburg. Drei russische Gastschülerinnen, die Verwandte in der Großstadt haben, begleiten uns. Von den Kollegen kann leider nur Igor Savraev mitkommen, weil die anderen dienstlich oder privat verhindert sind. Die Fahrt verläuft ruhig, da alle schlafen. Schon gegen 12 Uhr kommen wir an unserem „Minihotel Julius“ an – es ist wirklich gerade so groß, dass wir alle dort Platz finden. Das Hotel ist im Unter- und Erdgeschoss eines Wohnhauses untergebracht und noch recht neu. Die Zimmer sind geräumig und sauber – sie verfügen sogar alle über Dusche und WC – die Hotelbesitzer sind freundlich und hilfsbereit. Die nächste Metro-Station ist nur fünf Minuten entfernt. Also: Alles optimal!

Wir fahren mit der Metro ins Stadtzentrum, essen in einem Pasta-Restaurant und bummeln über den Newski-Prospekt. Natürlich darf auch der Gang zur Eremitage und zur Newa nicht fehlen. Glücklicherweise spielt das Wetter mit: Es ist sonnig, das Eis auf der Newa ist wohl gerade gesprengt worden und wir sitzen am Ufer und schauen den treibenden Eisschollen hinterher. Natürlich gehen wir auch zum Reiterdenkmal und auf die Isaaks-Kathedrale, von wo aus man einen eindrucksvollen Überblick über die Stadt genießt. Danach brauchen erst einmal alle eine kleine Pause und wir erlauben „Freigang“ in Kleingruppen bis zum Abendessen.

Wir Lehrer trinken mit Igor einen Kaffee mit Blick auf das Singer-Haus und besprechen in groben Zügen die weiteren Projekte. Die Finanzierung wird für die Hochschule immer schwieriger – während bei uns die Fördermittel bei der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch problemlos und mit wenig Aufwand zu beantragen sind, erhalten unsere russischen Kollegen keine Stiftungsmittel und müssen alles aus den Mitteln der Hochschule bestreiten. Und dort sind für jede finanzielle Zuwendung sieben bis acht unterschiedliche Unterschriften erforderlich – und alle, die unterschreiben müssen, sitzen in unterschiedlichen Gebäuden. Was geht es uns mit unserer unproblematischen Förderung durch Stiftung und Schule doch gut... Aber Igor ist optimistisch, weil er die deutsch-russischen Treffen für extrem wichtig hält und sie auf jeden Fall weiter machen möchte. Nach unseren positiven Erfahrungen der vergangenen Jahre und des aktuellen Treffens mit lauter begeisterten Schülerinnen und Schülern können wir dem nur zustimmen.

Das Abendessen findet mit der Gruppe sehr unrussisch bei Subway’s statt. Wir Lehrer lernen, dass man sich hier seine Sandwiches selber zusammenstellen kann – in durchaus essbarer Form. Alle sind müde, führen ihre neuesten Souvenirs vor> und haben schwere Beine vom Laufen durch die Stadt, sodass wir bereits gegen 22 Uhr wieder im Hotel ankommen. Hier sind keine weiteren Vorkommnisse zu melden – nur eine Schülerin hat sich den Magen etwas verdorben und wird von allen mit Medikamenten versorgt. Glücklicherweise bleibt ihr ein Krankenhausaufenthalt erspart, weil es ihr bald wieder besser geht. Sonst hätten wir den Russland-Aufenthalt etwas verlängern müssen...

Freitag, 19. April 2013

Das Frühstück findet in zwei Gruppen statt, da unser Mini-Hotel auch nur einen Mini-Frühstücksraum mit abgezähltem Geschirr hat. Aber das ist für die gut eingespielte Gruppe natürlich kein Problem. Schwieriger ist schon, dass für einige beim Duschen kein warmes Wasser mehr vorhanden war – vor allem für diejenigen, die etwas später aufgestanden sind. Aber von kaltem Wasser soll man ja bekanntlich besonders schön werden!

Danach bleibt uns noch genügend Zeit zum Besuch des Blockade-Museums. Während des Zweiten Weltkrieges haben deutsche Truppen Sankt Petersburg – damals „Leningrad“ – 900 Tage lang belagert, weil sie die Stadt zerstören und aushungern wollten. Das wäre ihnen auch fast gelungen: Über eine Million russischer Bürger sind damals in der Stadt verhungert. Im Kampf um die Stadt mussten ebenso viele deutsche und russische Soldaten ihr Leben lassen. Das Museum dokumentiert diese schwere Epoche auf beeindruckende Weise mit zeitgenössischen Filmdokumenten und anschaulichen Materialien. Damit ein Krieg zwischen unseren Völkern nie wieder entsteht, ist unsere gemeinsame deutsch-russische Zusammenarbeit von extremer Wichtigkeit. Alle sind beeindruckt von diesem Museum – den meisten deutschen Schülerinnen und Schülern ist von der Blockade nichts aus ihrem Geschichtsunterricht bekannt.

Ehe wir zum Flughafen fahren, machen wir noch in einem großen Einkaufszentrum halt, wo wir zu Mittag essen. Schon gegen 14:30 Uhr sind wir am internationalen Terminal von Pulkovo. Am nationalen Terminal hatte es morgens eine Bombendrohung gegeben, die zeitweilig zu einer Vollsperrung geführt hatte. Aber das haben wir unseren Schülerinnen und Schülern erst erzählt, als klar war, dass unser Flugzeug pünktlich starten würde. Das Einchecken verläuft problemlos, das Übergepäck hält sich bei den meisten (leider nicht bei allen...) in Grenzen und der Flug verläuft ruhig. Glücklicherweise sollte die Lufthansa, mit der wir dieses Mal geflogen sind, erst am folgenden Montag streiken. Wir hatten also bei der gesamten Reise sehr viel Glück - was nicht unbedingt selbstverständlich ist. Und glücklicherweise ist es durch Skype und Facebook mittlerweile kein Problem mehr, die neuen Freundschaften auch weiter aufrecht zu erhalten. Einige Reisen für die Sommerferien sind schon geplant!