Die Zukunft der Erde – unsere Zukunft 2011

Die Zukunft der Erde – unsere Zukunft? Nachhaltigkeit aus der europäischen Perspektive

Fortsetzung der Projektarbeit des Berufskollegs Eschweiler der Städteregion Aachen und des Polytechnischen Kollegs Pskov in Pskov

vom 8. bis 15. April 2011

Freitag, 8. April 2011

Um halb sieben morgens treffen wir uns bei schon milden Frühlingstemperaturen am Berufskolleg, wo unser „Zubringerbus“ uns pünktlich erwartet. Nachdem die Flüge nach St.-Petersburg ab Köln eingestellt worden sind, müssen wir etwas weiter nach Düsseldorf fahren. Aber alles funktioniert reibungslos. Beim Einchecken und bei der Passkontrolle gibt es keine Probleme. Einige Schülerinnen und Schüler sind etwas nervös, weil es ihr erster Flug ist. Aber alle sind guter Stimmung und freuen sich darauf, ihre im November neu gewonnenen russischen Freunde schon in wenigen Stunden wiederzusehen.

Der Flug verläuft ebenso ruhig, aber als wir in St.-Petersburg ankommen, können wir schon aus dem Flugzeug erkennen, dass noch Schnee liegt. Die winterlichen Temperaturen waren uns zwar aus den Wettervorhersagen im Internet bekannt, aber sie fühlen sich doch kälter an, als wir sie in Erinnerung hatten. Igor und Alexander, einer der russischen Schüler, erwarten uns am Flughafen Pulkovo II mit einem großen Bus, in dem unsere zahlreichen Gepäckstücke (viele Geschenke) problemlos verstaut werden können. Mit nur einer kurzen Pause erreichen wir nach ungefähr 4,5 Stunden Pskov, sodass wir um 19:30 Uhr am Studentenwohnheim ankommen, in dem wir Lehrer untergebracht sind. Dort warten auch die russischen Schüler auf ihre Gäste. Die Wiedersehensfreude ist auf beiden Seiten groß und die Schüler verbringen den Abend zusammen in den Familien. Wir werden schon von unserer russischen Kollegin Olga Obratneva erwartet, die für uns ein Abendessen vorbereitet hat. Nach dem Essen richten wir uns häuslich ein, besuchen den bereits bekannten nahe gelegenen Supermarkt und treffen uns zu der bereits traditionellen Arbeitsbesprechung. Für unseren Schulleiter, Herrn Hahnen, ist es der erste Russlandbesuch, während wir anderen schon „alte Hasen“ sind und uns über die Fortschritte in der Infrastruktur zwischen St.-Petersburg und Pskov freuen.

Samstag, 9. April 2011

Zunächst müssen wir Geld umtauschen und verabreden uns zu diesem Zweck in der „Probusiness-Bank“, die samstags geöffnet hat. Danach treffen wir uns mit unserem russischen Stadtführer Michael, der uns durch Pksov führt. Es ist windig und kalt, aber glücklicherweise regnet es nicht und wir freuen uns, wenn wir in das Innere von Gebäuden gehen können. Wir besuchen den Kreml, die Dreifaltigkeitskirche und wärmen uns in einem modernen Einkaufszentrum auf. Am Ufer der Welika, des großen Flusses, der durch Pskov fließt, werden wir Zeugen eines besonderes Naturschauspiels. Im Fluss ist das Eis gesprengt worden, damit das Wasser besser abfließen kann, da jetzt Tauwetter einsetzt. Große Eisschollen treiben auf dem Fluss, der eine relativ hohe Fließgeschwindigkeit erreicht. Dabei wird sich in den nächsten Tagen ein Hochwasser entwickeln, das auch ein am Fluss gelegenes Kloster mit wertvollen Fresken unter Wasser setzt.

Aufgrund der unangenehmen Kälte sehen wir weniger Kirchen und Denkmäler als sonst – aber die russischen Schüler haben ihre Gäste auch schon mit den wichtigsten Einrichtungen der Stadt vertraut gemacht. Das Mittagessen nehmen wir im Café „Epocha“ ein, das sich in der ehemaligen Stadtmauer befindet und eine anheimelnde Atmosphäre hat. Manche Schüler tun sich erstaunlicherweise noch etwas schwer mit der russischen Küche, an die sie sich aber im Laufe der Woche gewöhnen werden.

Den Nachmittag nutzen wir Lehrer zur Entspannung, denn abends sind wir bereits wieder bei Olga zum Essen eingeladen. Sie hat für uns ein typisch russisches Essen vorbereitet mit einer Speisekarte, die den Titel trägt: „Das Seminar ‚Russisches Essen‘ (Teil 1)“. Wir beginnen mit den traditionellen Vorspeisen, den „Sakuski“. Es gibt belegte Brote mit Käsemischung, Quark, Sprotten und Hering. Danach gibt es die kalte Suppe „Okroschka“ als ersten Gang. Eigentlich sind wir ja schon satt, aber es geht weiter mit Leber in saurer Sahne und Buchweizen. Und da man für den Nachtisch bekannterweise einen Extra-Magen hat, gibt es zum Schluss noch Blinis mit eingemachtem Obst. Der während des Essens gereichte Wodka erleichtert uns Nahrungsaufnahme und Verdauung. Mit vielen Toast trinken wir auf unser Treffen und auf die Fortführung der Projektarbeit. Als besondere Überraschung hat Igor Herrn Drosdov eingeladen, der vor nunmehr fünf Jahren Mitinitiator unserer Schulpartnerschaft war, aber leider nicht mehr als Leiter des Polytechnischen Kollegs eingesetzt ist und daher nicht mehr am Austausch teilnehmen konnte. Während ich mich beim letzten Mal zu meinem großen Leidwesen nur sehr bruchstückhaft auf Englisch unterhalten konnte, gelingt mir dieses Mal eine einfache Unterhaltung auf Russisch, denn seit dem letzten Besuch vor etwas mehr als zwei Jahren lerne ich nun diese wahrlich nicht einfache Sprache. Das Land wird sich mir dadurch in einer ganz neuen Form erschließen.

Sonntag, 10. April 2011

Heute steht das Erkunden der näheren Umgebung auf dem Programm. Wir treffen uns mit den deutschen und russischen Schülern um 10 Uhr an der Hochschule, wo es mit dem Bus zur Festung Isborsk geht, eine russische Grenzfestung etwa 30 Kilometer westlich von Pskov. Unser schon bekannter Fremdenführer Michael führt uns zügigen Schrittes durch das Dorf, den Friedhof und zu den heiligen Quellen. Trotz der Kälte (allerdings scheint die Sonne) lassen die mutigsten Schüler es sich nicht nehmen, von den Quellen zu trinken und sich mit dem heiligen Wasser zu waschen, das Gesundheit und ein langes Leben versprechen soll. Leider ist der Besuch der Festung etwas kurz und hektisch, da wir in Petschory eine Verabredung mit einem Mönch haben, der uns durch die Grabkammern und durch die Klosteranlagen führen soll.

Petschory liegt nur wenige Kilometer von der estnischen Grenze entfernt. Da Sonntag ist, wird die Klosteranlage von relativ vielen Leuten besucht. Zunächst müssen sich die Mädchen am Eingang des Klosters mit Röcken und Kopfbedeckungen eindecken, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Für Kopfbedeckungen hatte allerdings jede schon im Vorfeld gesorgt. Wir treffen „unseren“ Mönch am Eingang zu den Grabkammern. Auch hier sind heute viele Leute, die in Prozessionen mit Kerzen durch die Gänge ziehen. Die sonst sehr feierliche Atmosphäre leidet etwas unter dem ungewohnten Massenandrang. Danach haben wir bei einem Spaziergang um das Kloster Gelegenheit, die gesamte Anlage, die für ein Kloster sehr farbenfroh gestaltet ist, zu bewundern. Derzeit leben etwa 90 Mönche im Kloster, die an den regelmäßigen Gebeten und Gottesdiensten teilnehmen und die Gläubigen in der Umgebung betreuen.

Nach dem Klosterbesuch gehen wir zum Mittagessen in das Café Lilie, wo wir uns etwas aufwärmen können. Ehe der Bus wieder zurück nach Pskov fährt, haben wir noch die Möglichkeit, die Klosteranlage von einem Aussischtspunkt aus zu bewundern und Souveniere und Geschenke einzukaufen, die hier in großer Zahl in einfachen Buden am Straßenrand angeboten werden.

Die Rückfahrt geht am Pskover See vorbei, der auch im Sommer als Naherholungsgebiet genutzt wird. Gegen 16 Uhr kommen wir wieder an der Hochschule an. Die Schüler gehen in ihre Gastfamilien, während wir Lehrer nach einer kurzen Ruhepause bei Igor und seiner Frau Tatjana zum Abendessen eingeladen sind. Igor holt uns mit seinem neuen Auto ab, auf das er sichtlich stolz ist. Es ist ein silberfarbener Opel-Astra, der seinen alten Lada, den wir beim letzten Treffen gesehen haben, ersetzt hat. Deutsche Autos erfreuen sich in Russland aufgrund ihrer guten Qualität einer besonderen Beliebtheit.

Wir setzen unser abendliches Seminar zur russischen Küche fort. Die umfangreichen Vorspeisen umfassen heute die Salate Vinegret und „Olivier“, russische Eier, Schweinespeck, Kaviar und Lachs. Als Hauptgericht gibt es Beef Stroganoff mit Kartoffeln, Salzgurken und Sauerkraut. Erstaunlicherweise passt zum Abschluss sogar noch ein Eis. Die Zeit vergeht wie im Fluge bei zahlreichen Gesprächen und Toasts in deutscher und russischer Sprache. Tatjana zeigt mir, wie man über Skype Gespräche führen kann und wir beschließen, uns nach unserer Rückkehr zu regelmäßigen deutsch-russischen Gesprächsübungen via Skype zu verabreden. Erst spät nehmen wir uns ein Taxi zu unserem Studentenwohnheim, da es draußen doch mittlerweile wieder recht kalt geworden ist.

Montag, 11. April 2011

Das Wochenende ist vorbei und die eigentliche Projektarbeit beginnt. Wir treffen uns an der Hochschule und werden von der Prorektorin für internationale Beziehungen, Frau Marina Machotaewa, begrüßt, die uns das polytechnische Kolleg und die Hochschule vorstellt. Der Direktor, Sergej Werteschef, kann leider an dem Treffen nicht teilnehmen, da er aufgrund von aktuellen Umstrukturierungsmaßnahmen an der Hochschule anderweitig eingebunden ist. Danach gehen wir zu Fuß zur Stadtverwaltung und werden dort vom Pskover Bürgermeister, Herrn Ivan Zezerskiy, empfangen. Sogar das Fernsehen und die örtliche Zeitung sind vor Ort und einige Schüler können sich abends in ihren Gastfamilien im Fernsehen bewundern. Herr Zezerskiy heißt uns herzlich willkommen, stellt uns die Stadt vor, weist auf die zahlreichen deutsch-russischen Kontakte hin, die mittlerweile glücklicherweise alle friedlicher Art sind und hofft auf eine rege Diskussion mit den deutschen Schülern, die sich aber sehr zurückhaltend geben. Deutlich wird jedoch, dass alle sehr beeindruckt von der russischen Gastfreundschaft und Herzlichkeit sind und dass sie sehr gerne zu einer wärmeren Jahreszeit ihre Pskover Freunde wiedersehen möchten. Der Bürgermeister gibt jedem deutschen Teilnehmer ein Gastgeschenk mit auf den Weg: einen Teller mit Pskover Motiv und eine kleine Glocke des Pskover Töpfers, mit der – so sagt man – in früheren Zeiten der Unterrichtsbeginn eingeleitet wurde.

Das Mittagessen nehmen wir in der Mensa der Hochschule ein. Hier gibt es jetzt einen neuen Raum für Gäste, der hell und freundlich eingerichtet ist. Das russische Essen ist wie jeden Tag umfangreich: Salat, Suppe, Hauptgericht mit Fleisch, Geflügel oder Fisch, Kaffe/Tee und Gebäck. Nach der Fahrt wird einigen die Kleidung zu eng sein. Aber manch einer (oder eine) bevorzugt die klassischen amerikanischen Fast-Food-Gerichte, die in Pskov und Umgebung überhaupt nicht anzutreffen sind.

Nachmittags geht es weiter mit einem Seminar zur „russischen Tradition und Lebensweise“. Die Schüler und Lehrer bereiten in Kleingruppen unter anderem Vorträge vor zu den Themen Teetrinken in Russland, russische Stiefel (Walenki), Banja (russische Sauna) und dem russischen „Nationalgetränk“ Wodka. Nach dem Wochenende in den russischen Familien können die Schüler schon viele eigene Erfahrungen zu diesen Bereichen einbringen.

Danach geht es für die Lehrer noch weiter. Ein Besuch des Betriebs „Dula“ steht auf dem Programm. Es handelt sich dabei um ein deutsches Unternehmen, das in Pskov eine Zweigstelle unterhält und Inneneinrichtungen für exklusive Läden in Russland – z. B. in St.-Petersburg und in Moskau – herstellt. Die Mitarbeiter bei Dula müssen vor allem im Verwaltungsbereich über gute Deutschkenntnisse verfügen. Da zwischen der Fachhochschule Aachen und der Fachhochschule Pskov im Bereich Bauingenieurwesen eine enge Kooperation besteht, konnten in den vergangenen Jahren etliche Pskover Studenten in Aachen studieren und Arbeitserfahrungen in einem Aachener Ingenieurbüro sammeln. Sechs von diesen Studenten konnten aufgrund dieser Auslandserfahrung einen Arbeitsplatz in dem deutschen Unternehmen erhalten, das deutlich höhere Arbeitslöhne bezahlt, als die anderen Pskover Betriebe. Herr Professor Thomas Krause und Herr Georg Spennes, die in den vergangenen Jahre diese Studenten mitbetreut haben und die in den nächsten Tagen Vorlesungen an der Pskover Hochschule halten sollen, haben sich für diese Woche unserer Gruppe des Berufkollegs Eschweiler angeschlossen und freuen sich jetzt, ihre „alten“ Studenten wiederzusehen, die uns voller Stolz den Betrieb zeigen. Im Anschluss daran sind wir noch zu einem Abendessen in einem Restaurant eingeladen, an dem neben den deutschen Gästen auch alle ehemaligen „Aachener“ Studenten teilnehmen. Alle sind sich einig, dass die Kooperation zwischen den beiden Fachhochschulen, die ursächlich für die Kooperation zwischen dem Berufskolleg und dem polytechnischen Kolleg war, eine sinnvolle Sache ist, die vor allem den russischen Studentinnen und Studenten deutlich dabei hilft, ihre beruflichen Chancen in Russland zu verbessern.

Dienstag, 12. April 2011

Morgens treffen wir uns im Klassenraum bei Olga Kakurina zum Russischunterricht. Olga hat extra für uns eine kleine Broschüre vorbereitet, die einen schnellen Einstieg in die russische Sprache ermöglichen soll, denn leider steht nicht viel Zeit dafür zur Verfügung. Wir beginnen mit dem Alphabet und einfachen Begrüßungs- und Verabschiedungssituationen. Auch lernen wir, uns mit dem Namen vorzustellen. Es ist für die reinen Anfänger nicht leicht, die neuen Wörter, die keine Verbindungen zu bekannten Sprachen wie Englisch oder Französisch aufweisen, auszusprechen und zu behalten.

Nach einer kurzen Verschnaufpause kommen die russischen Gastschüler dazu, denn jetzt steht der Umweltschutz in der Pskover Region auf dem Programm. Wir haben Unterlagen aus dem Nationalpark Eifel mitgebracht und die Pskover Schüler haben ebenso Material aus ihren Regionen zusammengestellt. Alle erstellen Plakate und Präsentationen, die über die Naturschutzgebiete und Strategien bezüglich der weiteren Entwicklung in Pskov und in der Städteregion Aachen informieren sollen. In Deutschland stehen bei den geschützten Gebieten die Aspekte der Naherholung und der möglichen Freizeitaktivitäten etwas stärker im Vordergrund. In der Pskover Region erfolgt eher eine Beschränkung auf das Wandern und Fischen. Allerdings findet auch hier eine immer stärkere touristische Nutzung Stadt. Sowohl in der Eifel als auch in der Pskover Region finden sich viele Tierarten, wobei die russische Tierwelt noch vielfältiger erscheint. Besonders beeindrucken uns die Bären, die wir in der Nähe von Eschweiler eher selten antreffen. Die Erstellung der Plakate und die zweisprachigen Präsentationen und Vergleiche zwischen den beiden Ländern erfordern doch relativ viel Zeit, sodass wir erst um 13 Uhr zum Mittagessen fertig werden.

Nach dem Mittagessen fahren wir mit Bussen der Fachhochschule zu den Wasserreinigungsanlagen der Stadt Pskov, die sich etwas außerhalb befinden. Einer der beiden Busse macht den Eindruck, als hätte er den letzten Weltkrieg noch miterlebt und die Fahrt damit macht den Schülern und Lehrern besonders viel Freude. Im Wasserwerk erklärt uns die russische Lehrerin, wie die Abwässer der Stadt Pskov aufbereitet werden. Es erfolgt zunächst eine mechanische Klärung, die im weiteren Verlauf durch eine biologische Klärung ergänzt wird. Die Funktionsweise ist die gleiche, wie in einem deutschen Wasserwerk, aber wir erkennen schnell, dass die Qualität des gereinigten Wassers anders sein wird, als wir es von unserem deutschen Standard gewohnt sind. Dies macht sich auch im täglichen Gebrauch bemerkbar. Das Leitungswasser ist eher nicht trinkbar, da es sehr stark gechlort ist und einen relativ starken Eigengeschmack hat. Zum Kaffee- oder Teekochen empfiehlt es sich daher, extra abgefülltes Trinkwasser im Supermarkt zu kaufen. Die Wasseraufbereitungsanlage ist sehr weitläufig und man erkennt, dass neue Bauabschnitte vorgesehen sind.

Abends sind wir in der Mensa der Hochschule zum Essen eingeladen. Der Projektor, Herr Wladimir Andreew, der mit für die Finanzierung unserer gemeinsamen Projekte sorgt, ist ebenso anwesend wie Marina Machotaewa und Herr Vinokurov, der Dekan der Bauingenieure. Herr Direktor Werteschef lässt sich erneut entschuldigen, da er wegen organisatorischer Belange nach Moskau muss. Er ruft Herrn Andreew aus dem Zug an und lässt uns seine Grüße übermitteln. Heute Abend wird die russische Tradition der Trinksprüche zelebriert. Jeder muss mindestens zwei kurze Reden halten und ich versuche mich dabei zum ersten Mal auf russisch – mit vielen Fehlern, aber mit viel gutem Willen, was bei den russischen Gästen sehr positiv aufgenommen wird. Die abendliche Nachbesprechung im Studentenwohnheim fällt heute etwas kürzer aus.

Mittwoch, 13. April 2011

Heute steht gemeinsamer Sportunterricht auf dem Programm. Während in den vergangenen Jahren der Sport in einer großen Gruppe gemeinsam erfolgte, werden Jungen und Mädchen heute getrennt. Nach einem umfangreichen Aufwärmprogramm, dass manchem deutschen Schüler den Schweiß auf die Stirn treibt, wird in beiden Gruppen Volleyball gespielt. Einigen Schülern dürfte noch heute das auffordernde „ras, dwa, tri, tschetirie“ in den Ohren klingen. Interessant sind für uns im Anschluss an den Sportunterricht die Kommentare der Schülerinnen und Schüler: Der Sportunterricht am Berufskolleg wird als wesentlich strukturierter empfunden und die meisten haben den Eindruck, dass die deutschen Sportlehrer umfassender ausgebildet sind. Danach geht es zum Russischunterricht mit Olga Kakurina, welche die Zahlen vertieft, die in der Sportstunde begonnen wurden. Das ist die russische Form von fächerübergreifendem Unterricht.

Nach dem Mittagessen in der Mensa geht es entspannter zu. Wir fahren mit dem Bus zum Bowlingcenter. Olga Obratneva hat ihren 10-jährigen Sohn Vitali mitgebracht, der zum Bowling darf, während sie weiter ihren Unterrichtsverpflichtungen nachkommen muss. So hat der kleine Vitali heute eine deutsche „Ersatzmama“ – dass er mein russisch versteht, verleiht mir ein besonderes Glücksgefühl, denn Kinder sind bekanntermaßen ehrlich.

Die im Programm angesetzte „Freizeit“ fällt für Herrn Hahnen und mich heute leider aus. Wir treffen uns mit Frau Machotaewa in der Hochschule zur abschließenden Evaluierung, an der auch Herr Professor Krause von der Fachhochschule Aachen teilnimmt. Da uns keine Dolmetscherin zur Verfügung steht, findet das Gespräch zur Abwechslung auf Englisch statt, aber wir schlagen uns tapfer. Die Kooperationsverträge, die immer auf einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt sind, wurden sowohl für das Berufskolleg als auch für die Fachhochschule in beidseitigem Einverständnis verlängert. Die Arbeit der nächsten Jahre ist damit zumindest formal gesichert. Die finanzielle Absicherung ist vor allem für die russische Seite problematisch, da in der Zwischenzeit eine Fusion des polytechnischen Kollegs mit der pädagogischen Hochschule stattgefunden hat und viele Details bezüglich der weiteren Arbeit noch geklärt werden müssen. Daher ist der Leiter des Polytechnischen Kollegs, Herr Werteschef, auch in Moskau, und kann nicht an unseren gemeinsamen Veranstaltungen teilnehmen. Insgesamt sind alle mit dem Projektverlauf in Russland und Deutschland sehr zufrieden. Das nächste Treffen soll im November 2012 in Eschweiler stattfinden, der Gegenbesuch ist im Frühjahr 2013 geplant. Schwerpunkt des Projektes soll aus dem Bereich der Nachhaltigkeit die Energiegewinnung in beiden Ländern sein.

Im Anschluss an die Besprechung werden wir – zusammen mit den deutschen und russischen Schülern – in die Aula eingeladen. Dort dürfen wir einige Darbietung der Studenten und Schüler ansehen: Die Rockband der Schule spielt, danach sehen wir zwei unterschiedliche folkloristische Tanzdarbietungen, die uns einen Eindruck von der Vielfalt der russischen Kultur vermitteln.

Der Abend endet mit einem gemeinsamen Essen in der Mensa. Ich halte meine Rede auf Russisch, die ich beim letzten Besuch leichtsinnigerweise versprochen hatte. Sie ist etwas lang geraten, aber die russischen (und deutschen) Schüler sind sehr aufmerksam und lachen auch an den „richtigen“ Stellen. Bei vielen Gesprächen klingt der Abend aus. Wir finden noch die Gelegenheit zu einem abschließenden Gruppenfoto vor der Mensa und dann gehen die Schüler in ihre Gastfamilien und wir in unser Studentenwohnheim, wo wir noch eine interne Evaluation der Reise vornehmen.

Donnerstag, 14. April 2012

Um viertel vor sieben morgens treffen alle Schüler mit Gastschülern und Gepäck am Studentenwohnheim ein. Eigentlich hatten wir darauf gehofft, mit leichterem Gepäck zurückreisen zu können, nachdem alle Geschenke verteilt waren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wir haben von unseren Gastgebern so viele Geschenke erhalten, dass die Koffer kaum noch zugehen. Hoffentlich gibt das keinen Ärger am Flughafen!

Nach tränenreichem Abschied geht es auf die Fahrt nach St.-Petersburg. Die Fahrt verläuft ruhig, denn alle sind müde von der ereignisreichen Woche. Schon gegen 12 Uhr kommen wir am Hotel Mir in St.-Petersburg an, beziehen die Zimmer und treffen uns im Restaurant zum Mittagessen. Danach steht eine Stadtrundfahrt im Bus auf dem Programm. Igor hat extra eine Stadtführerin für uns besorgt, die uns in deutscher Sprache die wichtigsten Sehenswürdigkeiten erläutert. Es bleibt uns etwas Zeit zum Besuch des Panzerkreuzers Aurora. Für einen ausführlicheren Besuch sollte man in privater Regie noch einmal zurückkehren – am besten auch, wenn der Wind nicht mehr gerade so kalt ist.

Es bleiben sogar noch ein paar Stunden zur freien Verfügung, um den Newski-Prospekt und das Zentrum näher kennenzulernen und eventuell noch Geschenke für die Daheimgebliebenen zu kaufen. Man kann schließlich auch noch Dinge ins Handgepäck tun. Zum Abschluss der Fahrt laden wir Igor und Olga in ein russisches Restaurant ein, für das wir uns beim nächsten Mal etwas mehr Zeit lassen wollen.

Die Schüler beschließen den Abend auf den Hotelzimmern, während wir Lehrer uns noch eine Stunde bei einem Abschlussgetränk in einer nahegelegenen Kneipe zusammensetzen – die Bar im Hotel hat bereits geschlossen.

Freitag, 15. April 2011

Da der Abflug nach Düsseldorf erst für 15:30 Uhr angesetzt ist, haben wir die Gelegenheit, nach dem Frühstück zum Blockade-Denkmal zu fahren, das auf dem Weg zum Flughafen liegt. Das Denkmal ist beeindruckend. Über Treppen betritt man einen abgesenkten, kreisförmigen, offenen Platz zu den Klängen von Schostakovitschs „Leningrader Sinfonie“, die an die vielen Opfer der 900 Tage dauernden Blockade erinnert. Von dort aus gelangen wir in den großen unterirdischen Ausstellungsraum, in dem uns historische Filmausschnitte die entsetzlichen Auswirkungen dieser durch Hitler angeordneten Blockade vor Augen halten. Exponate in Ausstellungskästen ergänzen unsere Eindrücke. Besonders gefällt uns die Ausstellung des russischen Fotografen Sergej Larenkov, der alte und neue Fotografien aus russischen, österreichischen und deutschen Städte so miteinander vermischt, dass Kriegsszenen und aktuelle Szenen parallel zueinander und ineinander überfließend dargestellt werden.

Nach diesem beeindruckenden Abschluss unseres Aufenthalts in Sankt-Petersburg fahren wir in ein Einkaufszentrum in Flughafennähe, um zu Mittag zu essen und gegebenenfalls Essensvorräte für den Flug einzukaufen. Der Abschied am Flughafen Pulkovo fällt uns schwer – aber zumindest wir Lehrer wissen, dass wir die russischen Kollegen spätestens im November nächsten Jahren wieder sehen werden. Außerdem haben wir inzwischen gelernt, wie man via Skype miteinander reden kann.

Glücklicherweise verlaufen Einchecken und Kofferwiegen ohne weitere Probleme, das Flugzeug hebt pünktlich ab und wir landen ebenso pünktlich in Düsseldorf, wo wir noch ein paar Minuten auf unse- ren Bus warten. Hier ist Frühling und wir nehmen die Natur und die sehr aufgeräumte Umgebung mit völlig anderen Augen wahr. Die Woche in Russland hat bei allen bleibende Eindrücke hinterlassen und bei der später stattfindenden Nachbesprechung werden viele den Wunsch äußern, wieder nach Pskov fahren zu dürfen.