Mein Zuhause - meine Kultur 2018 - Zeitungsartikel

Austausch zwischen Schülern des Berufskolleg Eschweiler und der Pskover Staatlichen Universität. Gegenbesuch folgt im März.

„Mein Zuhause – meine Kultur" – unter diesem Motto stand der Austausch zwischen jeweils 13 Schülern des Berufskollegs Eschweiler und des Kollegs der Pskover Staatlichen Universität, das von der „Stiftung Deutsch-Russischer-Jugendaustausch“ finanziell unterstützt wurde.

Schüleraustausch

Projektverantwortliche auf russischer Seite waren Olga Obratneva, die als Deutschlehrerin auch die deutsch-russische Verständigung ermöglichte, und Igor Savraev, zuständig für die internationalen Beziehungen. Auf der deutschen Seite kümmerten sich Evi Spennes, Michael Joußen, Benjamin Pinkerneil und Sarah Schlossmacher um die Programgestaltung und -umsetzung.

"Die Unterschiede zwischen Russen und Deutschen sind vielfältig - wenn wir sie kennen, können wir einander verstehen und gemeinsam feiern"

Thomas Gurdon, Leiter Berufskolleg

Zunächst erlebten die russischen Gäste eine Woche lang die zahlreichen Facetten der deutschen Kultur: Ein dichtgedrängtes Programm beleuchtete die kulturellen Teilbereiche Sprache, Musik, Küche, Familie und Geschichte. Dabei standen gemeinsames Kochen und Musizieren ebenso auf der Agenda wie ein Sprachkurs, ein Empfang im Eschweiler Rathaus, der Besuch der Monschauer Senfmühle, des NS-Dokumentationszentrums in Köln sowie des Hauses der Geschichte in Bonn. Arbeits- und Reflexionsphasen an der Schule begleiteten und vertieften dabei das Programm. Familie wurde im Wesentlichen „an der Quelle“ erlebt, das heißt in den deutschen Gastfamilien.

Im Rahmen einer umfangreichen Abschlussveranstaltung im Pädagogischen Zentrum des Berufskollegs werteten alle Beteiligten ihre Erfahrungen aus. Während eine Gruppe ein Videotagebuch erstellte, fertigten fünf andere deutsch-russische Gruppen zu jeweils einem der Kulturbereiche ein großflächiges Plakat. Im Vordergrund stand dabei die Frage: „Was hat euch besonders beeindruckt, was war für euch das jeweils spezifisch Deutsche?“ Die Antworten darauf waren ebenso vielfältig wie differenziert: Deutsche Wörter seien im Allgemeinen länger als russische, so die Beobachtungen zur Sprache. Zudem halte man sich im Russischen weniger an eine feste Reihenfolge von Subjekt, Prädikat und Objekt – „heute ins Kino ich gehe“ wäre zum Beispiel im Russischen ein völlig normaler Satz.Beim Thema Küche fiel unter anderem auf, dass man in Deutschland wartet, bis alle am Tisch das Essen haben, um dann gleichzeitig zu speisen – allerdings nicht dasselbe: Während die deutsche Nationalspeise wohl Pommes mit Schnitzel sei, ist es in Russland der Borschtsch, eine herzhafte Rote-Beete-Suppe.

Die deutsche Geschichte spannt aus Sicht der russischen Teilnehmer einen Bogen von der Dunkelheit ins Licht – angefangen von den Gräueln der Nazizeit über die deutsche Teilung bis hin zur friedlichen Wiedervereinigung. Dabei fiel vor allem das Wohlstandsgefälle von West nach Ost auf: Überfluss hier, Mangel dort. Bei der Betrachtung der Familien standen die positiven Eindrücke im Vordergrund: Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und auch Mehrsprachigkeit. Besonders bemerkenswert fanden die russischen Gäste zudem, dass in fast jedem Zimmer ein Mülleimer zu finden sei und dass man sich nicht beim Betreten der Wohnung die Schuhe ausziehen müsse. Musik schließlich entfaltete die wohl größte verbindende Wirkung. In beiden Ländern werde viel und oft gesungen, für ein besseres Lebensgefühl und zur Bekämpfung von Einsamkeit. Gemeinsames Singen bewirke mehr gegenseitiges Verständnis als so manch trockene Theorie. Dies setzten die Schüler sowohl während der Projektarbeit als auch bei ihrer Freizeitgestaltung durchgängig um.

In einem kurzen Blitzlicht zum Abschluss reflektierte jeder Teilnehmer, was für ihn oder sie besonders wichtig war bei diesem Besuch. Dabei betonte die Mehrheit, dass es besonders wichtig gewesen sei, in national gemischten Gruppen zu arbeiten und Freizeit zu verbringen. So habe das gegenseitige Verständnis erheblich wachsen können. Darüber hinaus hoben die russischen Gäste die große Gastfreundschaft ihrer deutschen Gastgeber hervor. Diese habe manche Skepsis im Vorfeld des Besuchs restlos ausgeräumt. Auch Schulleiter Thomas Gurdon kommt zu einem positiven Fazit: „Die Unterschiede zwischen Russen und Deutschen sind vielfältig – wenn wir sie kennen, können wir einander verstehen und gemeinsam feiern. Seit 13 Jahren funktioniert das sehr gut mit unseren Schülern. Beide Seiten werden diese Zeit nie vergessen.“ In unverstellter Herzlichkeit betonten die russischen Teilnehmer abschließend, dass sie sich darauf freuten, ihren deutschen Gästen beim Gegenbesuch im kommenden März die russische Kultur in derselben Intensität und Freundlichkeit zu zeigen, die sie selbst erfahren haben.

Quelle: Eschweiler Nachrichten vom 28. September 2018